Die Malweiber von Paris.

Deutsche Künstlerinnen im Aufbruch.

10.06.2016 – 11.09.2016

Man fand sie unerhört und nannte sie verächtlich „Malweiber“. Im erzkonservativen deutschen Kaiserreich galt es als unanständig, wenn Frauen künstlerischen Ehrgeiz entwickelten. Zwar durften Damen im häuslichen Bereich kreativ sein, aber an den Kunstakademien waren sie nicht zugelassen. Für alle, die es ernst mit der Kunst meinten, gab es um 1900 nur ein leuchtendes Ziel: Paris.  In der damals modernsten Metropole der Welt konnten Frauen gleichberechtigt neben ihren männlichen Kollegen studieren. Am Abend traf man sich in der beliebten Abendklasse der Académie Colarossi, wo nach lebenden Modellen Aktzeichnen geübt wurde. Ein Skandal für bürgerliche Sittenwächter in Deutschland.

Begeistert beschrieb die junge Annemarie Kirchner- Kruse das kosmopolitische Ambiente im Quartier Montparnasse, „wo die wichtigsten Kunstfragen von den bedeutendsten Künstlern diskutiert wurden.“ Auch Paula Modersohn-Becker wollte daran teilhaben. Sie gestand ihrer Freundin, der Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff, eine innere Notwendigkeit, „in die Welt hinaus“, nach Paris, zu gehen. Käthe Kollwitz studierte in Paris an der Privatakademie Rodolphe Julian. Doch wesentlich prägender war für sie die Begegnung mit Rodin, dessen Atelier sie mehrmals besuchte. Clara Rilke-Westhoff wurde seine Schülerin und schuf unter dem Einfluss des Franzosen kraftvolle Skulpturen und zarteste Zeichnungen.

Nicht wenige der vorgestellten Künstlerinnen besuchten die 1908 gegründete Privatschule eines damals schon legendären Meisters der Avantgarde: Henri Matisse. Die talentierte Malerin Mathilde Vollmoeller-Purrmann lernte dort ihren zukünftige Ehemann Hans Purrmann kennen. Wie Annemarie Kirchner-Kruse ließ auch Martha Bernstein die dezenten Erdtöne ihrer Münchner Lehrjahre hinter sich und kam in Paris zu einer völlig neuen Farbauffassung. Die Ausstellung an der Kunststätte Bossard stellt zehn „Malweiber“ und ihre Werke vor. Heute bekannte Künstlerinnen wie Paula Modersohn-Becker oder Käthe Kollwitz sind ebenso darunter wie weniger bekannte Talente, deren Werke durch skizzenhafte Momentaufnahmen, durch die dekorative Farbigkeit des späten Impressionismus und durch empfindsame Selbstdarstellungen bestechen. Ausgestellte Künstlerinnen werden sein: Martha Bernstein, Ida Gerhardi, Paula Modersohn-Becker, Marg Moll, Annemarie Kirchner-Kruse, Käthe Kollwitz, Sabine Lepsius, Clara Rilke-Westhoff, Maria Slavona, Mathilde Volmöller-Purrmann.

Abbildungen:
Annemarie Kirchner-Kruse: Jorsik mit Apfel, 1918, Öl auf Leinwand, Privatbesitz
Mathilde Vollmöller-Purrmann: Ausblick auf Collioure, 1908/09, Öl auf Leinwand, Stadt Speyer, Foto: Gerhard Kayser
Paula Modersohn-Becker: Seine-Brücken in Paris, o.J., Kohle, Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen. Kupferstichkabinett, Foto: Stickelmann.
Ida Gerhardi: Apachenkneipe III, um 1906, Öl auf Leinwand, Privatbesitz, Foto: Steffen Schulte-Lippern
Käthe Kollwitz: Sitzender weiblicher Akt, 1904-06, Kohle, Sammlung Daniel Stoll und Sibylle von Hildebrandt, Arlesheim (Schweiz)
Mathilde Vollmöller-Purrmann: Früchte-Stillleben, Paris, um 1907, Öl auf Leinwand, Stadt Speyer, Foto: Gerhard Kayser
Maria Slavona: Lilly lesend, 1902/05, Öl auf Leinwand, Privatbesitz
Maria Slavona: Selbstbildnis, 1887, Pastell auf Pappe, Privatbesitz
Sabine Lepsius: Bildnis der Tochter Sabine, Krokus pflückend, 1906, Tempera, 85 x 73 cm, Privatbesitz
Martha Bernstein: Frauenakt im Atelier, 1911, Öl auf Leinwand,  Privatbesitz, Foto: Nik Schölzel
Flyer

Flyer zur Ausstellung

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