Auf einem ca. 3 ha großen Heidegrundstück, mitten im Wald gelegen, befindet sich ein einzigartiges Gesamtkunstwerk. Zwischen Jesteburg und Wiedenhof/Lüllau verwirklichten Johann Michael Bossard (1874–1950) und seine Frau Jutta Bossard (geb. Krull, 1903–1996) ihren Lebenstraum von einer Stätte, an der die verschiedenen Künste Architektur, Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe und Gartenkunst zu einer Einheit verschmelzen. Sie arbeiteten bis zum Tode Johann Bossards (1950) unermüdlich an diesem Werk. Dabei wurden nicht nur die verschiedenen Stile der Zeit aufgegriffen, sondern auch unterschiedliche und moderne Materialien verwendet.
Seit 1997 ist die Kunststätte Bossard als Museum öffentlich zugänglich. 2024 stellte die Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard eine Namensänderung vor. Der neue Name Museum Kunststätte Bossard. Gesamtkunstwerk und Lernort unterstreicht den wissenschaftlichen und professionellen Umgang mit der Erforschung der eigenen Geschichte.
Das Museum Kunststätte Bossard ist ein einmaliger Ort, an dem expressionistische Wandmalerei und Raumausstattung im ursprünglichen Zusammenhang erhalten geblieben sind. Neben der künstlerisch gestalteten Gartenanlage mit Skulpturen sind der Kunsttempel sowie der Eddasaal und das Urgebraus im Wohn- und Atelierhaus zu sehen.
Die Privaträume der Bossards können im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Fragen Sie unseren Besucherservice nach möglichen Terminen.
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Sonderausstellungen im Neuen Atelier ergänzen die Auseinandersetzung des Bossardschen Gesamtkunstwerks und künstlerischen Schaffens im historischen Zeitkontext. Darüber hinaus werden zeitgeschichtliche und gesellschaftspolitische Fragen, wie zu völkischen Weltbildern und Demokratie, behandelt.
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Vor dem Hintergrund einer seit 2019 kontrovers geführten Debatte über die Vergangenheit des Künstlers Johann Michael Bossard hat die Aufarbeitung der politischen Haltung des Ehepaars Bossard zum Nationalsozialismus am Museum Kunststätte Bossard einen hohen Stellenwert. Beispielsweise begleitet das Museum seit 2021 die aktuelle Forschungsdebatte mit der Veranstaltungsreihe »Reden bei Bossard« und veranstaltete 2022 die Fachtagung »Zum Umgang mit schwierigem Erbe«. Der dazugehörige Tagungsband ist in der Schriftenreihe der Stiftung erschienen. Seit März 2024 läuft das Projekt »Neustart der Kunststätte Bossard. Konzept für die Vermittlung eines schwierigen Erbes in Niedersachen«. Projektziel ist die Erarbeitung eines analog-digitalen Vermittlungskonzeptes für die Erschließung des Museums Kunststätte Bossard als außergewöhnliche Kombination aus Denkmal, Kunst und Kontroverse im Zeitkontext an einem authentischen Ort.
Die Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard beauftragte 2021 das Institut für Zeitgeschichte (IfZ), München–Berlin, das Verhältnis der Bossards zum Nationalsozialismus zu skizzieren und Forschungsfragen zu erforschen. In dem 2022 veröffentlichten Vorgutachten zeigte der Historiker PD Dr. Tobias Hof ein ambivalentes Verhältnis von Johann M. Bossard zum Nationalsozialismus auf. Die Fortsetzung und Vertiefung der Forschungen, die 2024 erschienen sind, bestätigen die historische Verortung des Ehepaars.
Hier können Sie die Folgegutachten downloaden.
Die vorliegenden Gutachten von PD Dr. Tobias Hof (Institut für Zeitgeschichte, München–Berlin) von 2022 und 2024 ordnen Johann M. Bossard als Repräsentanten eines völkisch-konservativen Künstlermilieus ein, der den Parteienpluralismus, das demokratische System sowie die als internationalistisch diffamierte moderne Kunst als Zeichen »rassischer Dekadenz« einstufte. Weder im Wilhelminischen Kaiserreich noch während der Weimarer Republik war Bossard damit eine Ausnahmeerscheinung.
Die ersten Kontakte Bossards zu diesen Kreisen lassen sich im späten 19. Jahrhundert ausmachen. Über seine Beschäftigung mit der Theosophie, der Anthroposophie und insbesondere mit den Ideen der Lebensreform- sowie der Siedlungsbewegung lernte er Vertreter deutsch-nationaler und völkischer Kreise kennen. Bei diesen Annäherungen spielten seine persönlichen Netzwerke aus der Münchner Zeit, seine Mitarbeit am »Jungbrunnentisch« des Verlags Fischer & Franke und die damit einhergehende Bekanntschaft mit Franz Stassen und Hermann Hirzel sowie seinem Lehrer in Berlin, Arthur Kampf, eine wichtige Rolle. Bossards Kontakt zu Seeßelbergs Werdandi-Bund zwischen 1907 und 1914, eine der wichtigsten – wenn auch kurzlebigen – Vereinigungen der völkisch-konservativen Kunstkritik, war dabei die Folge seiner Annäherungsversuche.
Johann M. Bossard wurde am 16. Dezember 1874 als Sohn eines Schlossermeisters in der Schweizer Stadt Zug geboren. Zwei einschneidende Ereignisse prägten seine Kindheit: 1880 verlor sein Vater aufgrund einer Bürgschaft seine ganze Habe sowie das Haus, in dem die Familie lebte und in dem der Schlosserbetrieb untergebracht war. Zwei Jahre später verstarb der Vater, wodurch sich die finanzielle Situation der Familie verschlimmerte. Der nächste Schicksalsschlag folgte, als Johann Bossard elf Jahre alt war. Nach einer schweren Krankheit verlor er die Sehkraft seines rechten Auges. 1893 schloss er eine Ausbildung in einer Hafnerei in Zug ab. Hier erlernte er das Ofenbauen sowie das Modellieren und Bemalen von Kacheln.
Ab 1894 studierte Johann Bossard in München Bildhauerei. Ein Stipendium des Bürgerrats von Zug unterstützte ihn finanziell. 1899 setzte er sein Studium in Berlin fort, nun mit dem Schwerpunkt Malerei. Sowohl mit grafischen Arbeiten, wie dem Zyklus »Das Jahr«, als auch mit spätklassizistischen Kleinplastiken, Kinderdarstellungen und mythischen Figuren, machte sich der Künstler um 1900 einen Namen.
1907 wurde Johann Bossard als Lehrer für Bildhauerei an die Kunstgewerbeschule Hamburg berufen. 1912 folgte seine Beförderung zum Professor. In diesen Jahren entwarf der Künstler zahlreiche Bauplastiken für Gebäude in Hamburg und Berlin, sowie einige Grabmäler. 1911 ermöglichten ihm seine Einkünfte den Erwerb eines drei Hektar großen Grundstücks in Wiedenhof nahe Jesteburg. Dort begann 1912 der Bau eines Wohn- und Atelierhauses.
Der Erste Weltkrieg löste gesellschaftliche Strukturen auf. Auch für Johann Bossard bedeutete diese Zeit einen Einschnitt. Von 1916 bis 1918 diente er als Freiwilliger an der Westfront. Anschließend, ab 1919, setzte der Künstler auf seinem Grundstück nach und nach die Idee eines Gesamtkunstwerks um. Die Privaträume im Wohn- und Atelierhaus wurden gestaltet, genauso wie der Garten angelegt. Dabei entstanden sowohl meditativ-kontemplative Räume wie der Baumtempel, aber auch Nutzflächen wie die Ackerfläche oder der Nutzgarten. Auch die Selbstversorgung war Bestandteil des Gesamtkunstwerks.1926 heiratete Johann Bossard die 29 Jahre jüngere Bildhauerin Jutta Krull, seine ehemalige Schülerin. Mit dem gemeinsamen Bau des Kunsttempels von 1926 bis 1929 begann die kontinuierliche Zusammenarbeit des Künstlerehepaars an dem Gesamtkunstwerk. Von 1932 bis 1935 gestalteten Johann M. und Jutta Bossard als letzten Raum im Wohn- und Atelierhaus den Eddasaal.
Indes belegen die neuesten Forschungen von PD Dr. Tobias Hof (Institut für Zeitgeschichte, München–Berlin), dass Johann M. Bossard selbst in den 1920er und 1930er Jahren, als er zusammen mit seiner Frau Jutta Bossard versuchte, seine sozialutopische Allmende auf dem ländlichen Heidehof bei Jesteburg zu realisieren, nicht derart abgeschottet war, wie dies vielfach in Briefen und vor allem retrospektiven Betrachtungen betont wird. Erst seine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule Hamburg sowie die Hilfe und Unterstützung seiner Verwandten, Freunde, Bekannten und Nachbarn machten es ihm möglich, einige seiner Ideen einer alternativen Siedlungskommune umzusetzen. Dabei wurde sein und Jutta Bossards privates Umfeld zwangsweise Teil dieser neuen Gemeinschaft. Diese konstituierte sich vor allem während der Ferienzeiten, als die Bossards – sowie seit 1929 Wilma Krull, Jutta Bossard Schwester – zahlreichen Besuch erhielten. Folglich wurde die Isolation, die ländliche Abgeschiedenheit und Unberührtheit mehr zelebriert, als dass sie existierte.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933 hoffte Johann M. Bossard mit seinen Visionen einer neuen Gesellschaftsordnung einen Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands leisten zu können. Depression und Inflation hatten der Weimarer Republik in den 1920er Jahren schwer zugesetzt. Johann M. Bossard und seine engen Freunde sowie Förderer Theo Offergeld und Helmuth Wohlthat versuchten, Funktionäre der NSDAP für das Gesamtkunstwerk in der Nordheide zu begeistern – letztlich ohne Erfolg.
1934 trat Bossard der Reichskammer für die bildenden Künste (RKB) bei. Dies war Voraussetzung, um weiter als freischaffender Künstler arbeiten und ausstellen zu dürfen und die notwendigen Arbeitsmaterialien zu erhalten. Bossard war außerdem Mitglied des Nationalsozialistischen Wohlfahrtsvereins (NSV), wobei er nach eigenen Angaben ab 1939 keine Beiträge mehr zahlte. Im Juni 1933 trat er zudem dem Nationalsozialistischen Lehrerbund bei, den er im Dezember 1934 wieder verließ. Es gibt keine Belege dafür, dass Bossard Mitglied der NSDAP war, obwohl von Seiten des Nationalsozialistischen Lehrerverbands (NSLB) eine entsprechende Anordnung für Dozenten an den Hochschulen vorlag.
Neben seiner Arbeit an seinem Heidegrundstück in Wiedenhof/Lüllau und erfolglosen Teilnahmen an Kunstausschreibungen, unterrichtete Bossard auch während des Dritten Reichs an der Hansischen Hochschule für bildende Künste (ehemals Kunstgewerbeschule) in Hamburg. Dort leitete er 1940/41 einen Sonderkurs für Bildhauer, der die geplanten monumentalplastischen Arbeiten für die Elbufergestaltung vorbereiten sollte. 1944 wurde Johann M. Bossard aus gesundheitlichen Gründen und auf eigenen Wunsch pensioniert.
Johann M. Bossard kann als Repräsentant eines völkischen Milieus angesehen werden, dessen weltanschauliche Anschauungen (neuheidnischer Germanenglaube, Demokratiefeindlichkeit, Glauben an die Überlegenheit der »deutschen Rasse«, Stärkung vormoderner, ländlicher Strukturen sowie Ablehnung des jüdischen »Götzendienstes« der modernen Kunst) und insbesondere sein völkisch-mythisches Weltbild waren in hohem Maße anschlussfähig an entsprechende Vorstellungswelten des Nationalsozialismus. Zu Beginn des »Dritten Reichs«, 1933/34, erhoffte sich Bossard eine größere Anerkennung seiner Kunst, die ihm jedoch verwehrt blieb, obwohl er sich als Künstler in den Dienst der neuen Machthaber stellen wollte. Das NS-Regime verfolgte jedoch andere Ideen und Ideale als der Künstler. Bossard war kein aktiver Unterstützer der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten. In den eingesehenen Dokumenten konnten bislang keine Belege gefunden werden, dass Bossard den rücksichtslosen Ausbau zur Diktatur oder eine Vernichtung der jüdischen Bevölkerung befürwortete.
Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kunststätte bis auf wenige zerbrochene Fensterscheiben unbeschadet. Jedoch wurde Bossards Mietwohnung in Hamburg zerstört.
Noch während des Kriegs schränkten Material- und Nahrungsmittelrationierungen das private Leben aber auch das künstlerische Schaffen des Künstlerehepaars ein. Nach dem Kriegsende belasteten Krankheiten, familiäre Probleme und finanzielle Engpässe das Leben der Bossards.
In der Nachkriegszeit blieb Johann Bossard seiner völkischen und national-konservativen Weltanschauung verbunden. Er sprach sich jedoch nicht mehr für eine Überlegenheit der »deutschen Rasse« aus. Wie die Mehrheit der Deutschen wies er die deutsche Schuld am Nationalsozialismus, am Zweiten Weltkrieg und an den Kriegsverbrechen von sich. Er hing dem Opfernarrativ an.
Am 27. März 1950 starb Johann M. Bossard im Alter von 76 Jahren. Jutta Bossard erwirkte eine Sondergenehmigung für ein Urnengrab auf dem Grundstück, am Ende der Monolithenallee.
Carla Augusta Elsine Dorothea Krull (1903–1996), genannt Jutta, wurde in Buxtehude geboren. Sie war das sechste und letzte Kind in der Lehrerfamilie Ernst Krull.
Ab dem Sommersemester 1922 besuchte sie die Staatliche Kunstgewerbeschule in Hamburg. Zunächst studierte sie im Hauptfach Keramik bei Max Wünsche (1878–1950) und im Nebenfach Bildhauerei bei Johann M. Bossard. Während des Studienverlaufs wandte sie sich mehr und mehr der Bildhauerei zu und wechselte ihr Haupt- und Nebenfach. Außerdem belegte sie Kurse in Literatur und Kunstgeschichte bei Wilhelm Niemeyer (1874–1960). 1924 unternahm Jutta Krull eine Reise nach Italien.
Im Jahr 1926 fertigte sie ihre Abschlussarbeit »Mutter mit Kind« an, eine Auftragsarbeit für das Grabmal von Käthe Loda (geb. Hude) auf dem Friedhof in Bremervörde.
1926 heiratete sie ihren Lehrer Johann M. Bossard. Seitdem arbeiteten beide gemeinsam an dem Gesamtkunstwerk »Kunststätte Bossard«. Jutta Bossard übernahm viele der plastischen Arbeiten, etwa im Eddasaal, und schuf Keramiken. Außerdem bemalte sie Porzellan, das im Sinne der angestrebten Durchdringung von Kunst und Leben im Alltag Verwendung fand. Sie arbeitete aber auch zusammen mit ihrem Mann nach dessen Entwürfen (z. B. Mosaikfußboden im Kunsttempel) und wirkte mit ihren praktischen und handwerklichen Fähigkeiten am Ausbau der »Kunststätte Bossard« mit.
Auch nach der Heirat scheint Jutta Bossard weiterhin Kurse bei Johann M. Bossard an der Kunstgewerbeschule besucht zu haben. Es gibt Hinweise, dass Jutta Bossard bis 1938 als Studierende oder zumindest als Gasthörerin der Hansischen Hochschule für bildende Künste in Hamburg galt und deshalb erst in diesem Jahr ihr Abschlusszeugnis erhielt.
Die eigene, selbstständige künstlerische Arbeit stellte Jutta Bossard während der Weimarer Republik und des »Dritten Reichs« hinter der Mitarbeit am Gesamtkunstwerk an. Erst nach dem Tod ihres Mannes war sie wieder vermehrt als eigenständige Künstlerin tätig, wobei sie vor allem Porträtaufträge annahm, um Geld für die Erhaltung der Kunststätte zu erwirtschaften. Dabei partizipierte sie an einer Wettbewerbsausschreibung für ein Ehrenmal in Buxtehude und fertigte unter anderem plastische Auftragsarbeiten an, darunter auch Büsten von Ärzten des Allgemeinen Krankenhauses in Hamburg-Harburg (heute: Asklepios Klinikum Harburg), die vor allem in den 1960er und 1970er Jahren entstanden.
Im Zuge ihres 90. Geburtstags im Jahr 1993 kam es zu einer ersten, intensiveren Auseinandersetzung mit Jutta Bossards eigenem künstlerischen Schaffen. Gefördert durch das Referat Frauenkultur der Kulturbehörde Hamburg und dem Frauenkulturhaus Harburg wurden ihre Werke im Frauenkulturhaus am Küchgarten ausgestellt und ein Film über ihr Leben und ihre Hingabe für das Gesamtkunstwerk gedreht. Ebenso wurde sie zum Ehrenmitglied des Heimat- und Museumsvereins Harburg ernannt.
Nach Johann M. Bossards Ableben suchte Jutta Bossard gezielt den Kontakt und die Anbindung zur Außenwelt. In seinem Folgegutachten von 2024 skizziert PD Dr. Tobias Hof (Institut für Zeitgeschichte, München–Berlin) ihre Bemühungen, die Aufmerksamkeit auf die Kunststätte und die Kunst ihres Mannes zu lenken – auch mit dem erklärten Ziel, finanzielle Mittel zu erhalten, um damit das Schaffen ihres Mannes pflegen und die notwendigsten Instandsetzungsarbeiten an der Kunststätte finanzieren zu können. Zunächst waren ihre Versuche, das Interesse der deutschen Kunstwissenschaft zu wecken, trotz wiederholter Betonung der Einzigartigkeit Bossards wenig erfolgreich. Erfolgreicher waren in den 1950er und frühen 1960er Jahren ihre Bemühungen, Netzwerke völkischer Kunst- und Kulturinteressierter wie das Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) für die Kunststätte zu begeistern. Für ihre Kontakte zur völkischen Szene der Nachkriegszeit waren nach heutigem Kenntnisstand sowohl materielle Gründe, der Wunsch nach Anerkennung, persönliche Kontakte sowie weltanschauliche Überlappungen ursächlich.
Spätestens seit den 1970er Jahren kann – auch bedingt durch ein allgemein gestiegenes Interesse in der deutschen Öffentlichkeit am Jugendstil, der Lebensreformbewegung und der künstlerischen Idee des Gesamtkunstwerks – ein verstärktes Interesse an Johann M. Bossard und seinem Werk ausgemacht werden. Dennoch blieb Jutta Bossards Misstrauen gegenüber der deutschen Kunstwissenschaft bestehen, was trotz der Gründung der Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard eine historisch-kritische Auseinandersetzung mit Johann M. Bossards Leben und Werk verzögerte.
1977 wurde Jutta Bossard für ihr Engagement um die »Kunststätte Bossard« mit dem Kulturpreis des Landkreises Harburg ausgezeichnet.
Im November 1995 gingen das Grundstück, die Gebäude und die Kunstwerke in die Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard über. Damit sicherte Jutta Bossard den Erhalt der Anlage über ihren Tod am 13. Oktober 1996 hinaus. Seitdem ist das Gesamtkunstwerk als Museum für Besucher und Besucherinnen zugänglich.
Ebenso wie Johann M. Bossard und Wilma Krull findet sich auch das Urnengrab von Jutta Bossard auf dem Grundstück, am Ende der Monolithenallee.
Ab 1929 lebte Wilma Krull (1896–1979) 50 Jahre lang an der Seite ihrer jüngeren Schwester Jutta Bossard an der Kunststätte. In dieser langen Zeit war sie die unermüdliche Betreuerin von Haus und Hof. Ihr großer Einsatz schaffte dem Ehepaar Bossard ausreichend Freiraum, um sich ganz der Kunst widmen zu können.
Die kenntnisreiche Bewirtschaftung der Gartenanlage durch Wilma Krull machte es möglich, dass der Künstler Johann M. Bossard ein so gastfreundliches Haus führen konnte. Bossards Programm der Selbstversorgung im Sinne der Lebensreform-Bewegung setzte Wilma Krull in ihrer Tätigkeit unauffällig, aber effektiv um und leistete so einen eigenen Beitrag zum Gelingen des Gesamtkunstwerks.
Alle Haustiere – Hühner, Enten, Gänse, Puten, Schafe, Ziegen, Kaninchen und sogar ein Schwein sowie Hunde und Katzen – wurden von Wilma Krull versorgt. Zeitweise wurden auch Bienen gehalten und dabei profitierte Tante Ille – so wurde sie in der Familie genannt – besonders von dem naturkundlichen Wissen ihres Vaters, dem Oberlehrer Ernst Krull, der seinen beiden Töchtern in allen Fragen des Gartenbaus, vor allem aber bei der Bienenzucht, mit Rat und Tat zur Seite stand.
Die Europäische Kommission und der europäische Dachverband Europa Nostra haben die Kunststätte Bossard mit dem Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe (Europa-Nostra-Preis) 2012 ausgezeichnet. Die Kunststätte Bossard erhält den Preis für die umfassende Restaurierung und Erhaltung des sogenannten Zweiten Tempelzyklus' in der Kategorie „Konservierung“. Der Tempelzyklus besteht aus zahlreichen Gemälden und vier großen Triptychen und wurde von Johann Michael Bossard für den Kunsttempel entworfen. Er ist ein zentraler Bestandteil des Gesamtkunstwerks, das Bossard zwischen 1911 und 1950 in der Lüneburger Nordheide unweit von Hamburg schuf. Der Kunsttempel zählt neben dem Hamburger Chilehaus zu den wichtigsten Bauten des Norddeutschen Backsteinexpressionismus und ist sowohl durch eine außergewöhnliche Fassadengestaltung als auch durch eine umfassende künstlerische Innenausstattung geprägt.
Die Europa-Nostra-Jury zeigte sich beeindruckt von diesem „bemerkenswerten Beispiel expressionistischer Architektur“ sowie seiner künstlerischen Umsetzung und Ausgestaltung durch Malerei, Bildhauerei und Mosaike. Die Jury würdigte speziell die restauratorischen und konservatorischen Arbeiten, die den Erhalt dieses „ungewöhnlichen und bedeutenden“ Kunstwerks auch für künftige Generationen ermöglichen. Mit der Auszeichnung möchte die Jury dazu beitragen, die Kunststätte Bossard einer breiten internationalen Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Deutsche Träger des Europa-Nostra-Preises waren zuvor das Bayerische Nationalmuseum in München (2011) und das Neue Museum in Berlin (2010). Die Kunststätte Bossard wurde als einer von 28 Preisträgern unter 226 Bewerbungen aus 31 Ländern ausgewählt.
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Die Kunststätte Bossard trägt seit 2013 das Museumsgütesiegel als registriertes Museum im Verband der Museen in Niedersachsen und Bremen.
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